grenzlos und unbegrenzt

Ein Essay zum Thema „Coronavirus und unsere Grenzen”

Ein Beitrag von Ekaterina Grabareva

Schon fast anderthalb Jahre erlebt die Menschheit eine präzedenzlose Situation. Alle müssen sich unabhängig von ihrer materiellen, geistigen und physischen Situation an ihre Bedingungen anpassen. Die sogenannte „neue Realität“ diktiert uns die Verhältnisse, in denen wir zurzeit nicht nur überleben, sondern genussvoll leben, grenzenlos lernen und flexibel arbeiten müssen. Es werden heftige Diskussion darüber geführt, ob die neue Pandemie-bedingte Wirklichkeit uns begrenzt oder doch ganz neuartige Konzepte und Möglichkeiten anbietet. Zweifelsohne ist aber eins klar: jeder schmiedet sein eigenes Glück, sogar wenn man die Umstände nicht mehr unter Kontrolle haben kann und sich immer anpassen muss.

 

So geschah es auch in der Kulturbranche der ganzen Welt. Vielerorts konnte man am Anfang der Lockdowns und der eingeführten Begrenzungen über das potentielle Ende von hervorragenden Theatervorstellungen hören. Allerdings wurden solche negativen Voraussagen nicht zur Realität, denn Corona treibt immer noch die Digitalisierung voran und ermöglicht es uns, Theater moderner, flexibler sowie team- und publikumsorientierter zu gestalten. Nicht nur digitale Theaterstücke, sondern spektakuläre Shows mit durchdachten Details und allen benötigten Schutzmaßnahmen werden heutzutage durchgeführt. Begrenzt uns also die Pandemie gar nicht, sondern hat uns vielmehr einen Blick über den Theater-Tellerrand verschafft?

 

Auf diese Frage gibt es eine eindeutige und ganz klare Antwort: ja, absolut! Der französische Schauspieler und Regisseur Antonin Artaud sagte einst: „Theater oder Performance sollten ´wie die Pest´ sein, die die Kontrolle über die Körper der Schauspieler und Zuschauer übernimmt und sie mit einer affektiven Energie infiziert“. Vielleicht könnte man diesen Gedanken an unsere Zeiten anpassen und ein bisschen umformulieren? Die strahlende Energie, die Theaterspieler während ihrer Spektakel versprühen, fühlt man so nah wie nie zuvor.

 

Ein eklatantes Beispiel dafür ist das 25. Schultheaterfestival des Goethe-Instituts St. Petersburg, das im Frühjahr 2021 ausschließlich online stattgefunden hat. Junge Schauspieler haben ihren Vorstellungen mithilfe von Videos Leben eingehaucht. Auch die Jugendmedienwerkstatt, die über das Festival berichtete, lief nichtsdestotrotz effektiv und strukturiert ab, was die Endergebnisse beweisen. Das 7. Jugendtheaterfestival in Almaty findet in einem hybriden Format statt und umfasst Offline-Teilnehmer aus Almaty sowie Online-Teilnehmer aus Deutschland, Kasachstan und Russland! Diese Großereignisse zeigen, dass wir unsere eigenen Grenzen ständig erweitern und die Corona-Krise unsere Kreativität nur noch vorangetrieben hat.

 

Theater sowie andere Einrichtungen begeistern ihr Publikum selbst in den fortwährenden Coronazeiten wie nie zuvor: offline, hybrid und auch digital! Die Hauptsache dabei ist, keine Angst zu haben und den ersten Schritt zu wagen, um seine eigenen Grenzen zu überwinden.